Was ist ABA und VB?
Applied Behavior Analysis (ABA), im Deutschen am
besten übersetzt mit Angewandte Verhaltensanalyse, ist eine
Wissenschaft, die Lernprozesse untersucht. Mit den Erkenntnissen dieser
Forschung wurden Methoden entwickelt, mit denen man durch Veränderung des
Lernumfeldes und der Interaktionsweise Lernen gezielt beeinflussen kann. Diese
kann man bei der Förderung von Menschen aus dem Autismus-Spektrum, aber auch in
vielen anderen Bereichen, nutzen.
ABA stammt ursprünglich aus den USA. Zahlreiche Studien zur Wirksamkeit von ABA
bei der Förderung von Menschen mit Autismus unterstreichen den Erfolg und führten
dazu, dass ABA heutzutage auch in vielen weiteren westlichen Ländern bevorzugt
und staatlich unterstützt zur Förderung von Menschen aus dem Autismus-Spektrum
zum Einsatz kommt. In Deutschland werden ABA-basierte Förderprogramme in den
letzten Jahren von immer mehr Fachleuten empfohlen und die Förderung von
vielen Sozial- und Jugendämtern übernommen.
Da an vielen Universitäten und anderen Instituten zur angewandten
Verhaltensanalyse geforscht wird, entwickelt sich diese Wissenschaft ständig
weiter. Moderne Förderprogramme enthalten Erkenntnisse einer Weiterentwicklung
von ABA, die Verbal Behavior (VB) genannt wird, am besten übersetzt mit Verbales
Verhalten. Hier liegt ein stärkerer Schwerpunkt auf der intrinsischen Motivation
des Kindes und der Kommunikationsförderung. Zeitgemäße ABA-Förderprogramme für
Menschen aus dem Autismus-Spektrum sollten deshalb auf VB basieren. Aber
auch Elemente anderer Weiterentwicklungen, wie z. B. das Fehlerfreie Lernen,
das Erlernen von Schlüsselfertigkeiten (Pivotal Response Training), die Videomodellierung,
das Präzisionslernen, etc. werden erfolgreich eingesetzt. Leitgedanke bei der Wahl
des passenden Programms ist der individuelle Bedarf des Kindes.
Schwerpunkt bei der Förderung nach ABA/VB ist das Verständnis der fördernden
Person für die Gegenstände, Interaktionen und Situationen, die für das Kind
motivierend wirken. Wenn man diese kennt, kann man Situationen gezielt so
gestalten, dass das Kind Spaß bei der Förderung hat und motiviert ist, zu
lernen. Ziel ist es, dass das Kind von sich aus und gerne bei der
unterrichtenden Person ist und den Wunsch hat, zu lernen.
Moderne ABA/VB-Förderprogramme haben ein breites Spektrum an Förderzielen.
Allen Zielen gemein sind die Alltagsrelevanz und Betonung von sozialer Interaktion,
sowie der Aufbau von Fähigkeiten, die für selbstständiges, spontanes Lernen
notwendig sind. Fähigkeiten u. a. aus folgenden Bereichen werden gefördert:
- Kommunikation
- Spielverhalten
- Soziale Interaktion
- Motorik
- Alltagspraktische Fähigkeiten (z.B. Anziehen, Toilettentraining)
- Exekutiv-Funktion (Handlungsplanung, Problemlösung, Selbstmanagement)
- Theory of Mind (z. B. das Verständnis der Perspektive von anderen)
- (vor-)schulische Fähigkeiten
Dabei ist es wesentlich, das Entwicklungsalter, die Vorlieben, Abneigungen und spezifischen Bedürfnisse des Kindes zu berücksichtigen und die Förderziele daran zu orientieren.
Gemeinsam mit den Eltern und – wenn möglich – dem Kind werden Prioritäten bei den Förderzielen gesetzt und das Programm fortlaufend aktualisiert und verändert. Die Förderziele werden jeweils individuell für das Kind formuliert.
Situationen mit herausfordernden
Verhaltensweisen werden genau beobachtet und analysiert. Auf diese Weise kann man
herausfinden, was für eine Funktion diese Verhaltensweisen für das Kind in
diesen Situationen hat. Dann kann man z. B. Situationen so umgestalten, dass das herausfordernde
Verhalten nicht auftritt. Häufig geht
auch das Erlernen von Fähigkeiten Hand in Hand mit dem Abbau von herausfordernden Verhaltensweisen. So erlernt z.B. das Kind, mit einer
Gebärde, einer Bildkarte oder natürlich bevorzugt durch gesprochene Sprache zu
kommunizieren, was es möchte, anstatt zu weinen, zerren oder gar aggressiv zu
werden. Durch gezielten Aufbau von alternativen
Verhaltensweisen kann herausforderndes Verhalten ersetzt werden.
Viele Kinder aus dem Autismus-Spektrum machen durch eine Förderung nach ABA/VB
bedeutsame Fortschritte. Einigen Kindern ermöglicht diese Förderung ein
eigenständigeres, erfülltes Leben. Auch bei Kindern, die dieses Ziel vielleicht
nicht erreichen, ist es möglich, die Lebensqualität ganz nachhaltig zu
verbessern und die Selbstbestimmung zu erhöhen.